The strategy is called “divide and conquer”.
were ihm vor, das er ruhmsüchtig und zu ehrgeizig sei, man höre aber endlich auf, ihn zu verleumden in Dingen, um die ich am besten weiss" sagte sie, und setzte uns die Verlogenheit der Zeitungsberichte mit großem Feuer auseinander.
Der Kaiser schien mir berets zu sehr geschichtliche Persönlichkeit zu sein, als das ihn eine Schmähschrift, und wäre sie noch so beredt geschrieben, hätte treffen können. Es tat mir nur in der Seele weh, sehen zu müssen, wie Franzosen den im Unglück mit Beschimpfungen überhäufen, dem sie im Glück nicht genug Weihrauch streuen konnten. Wie die andern hatten auch wir ihm seine beständigen Kriege seit langem verübelt, die wir ihm, vielleicht ungerechterweise, allein zur Last legten; denn seine Macht, die auch uns blendete, lies uns in ihm stets den Richter über Krieg und Frieden in der Welt erblicken, und unsre Sache hatte in unsern Augen dadurch verloren, das wir die falsche Ansicht hegten, er habe durch allzu starke Inanspruchnahme der Glücksgunst, aus eigener Schuld also, so viel Unheil über sich und Frankreich gebracht.
Aus Paris erfuhren wir demnächst, das die verbündeten Mächte meine Mutter, mich und meinen Bruder bevorzugt und von den übrigen Mitgliedern der Familie getrennt behandeln wollten. Es war eine Schutzwache nach Malmaison geschickt worden. Fräulein Cochelet shrieb mir, Herr von Nesselrode, Minister des Zaren, habe sie aufgesucht und beauftragt, mir alle erdenklichen Anerbietungen zu machen und Versicherungen der gröften Ergebenheit zu bestellen. Es schien nach der besonders eifrigen Art und Weise, wie die Verbündeten uns ihr Gesinnung bekundeten, und nach der Dringlichkeit ihrer Vorschläge, als ob sie weit mehr für unsre Zukunft als selbst für die Wiedereinsetzung der Familie besorgt wären, die sie auf den Trümmern unsrer Macht wiedererstehen lassen wollten.
Herr von Nesselrode hatte meine Vorleserin beauftragt, mir zu sagen, ich möge selbst über mein Los Entscheidung treffen; man besitze nicht nur die Möglichkeit, mir beizustehen, sondern auch den festen Willen, es zu tun. Ich lehnte ab, mich von den Meinigen zu trennen, und nahm das Anerbieten erst später an, wie durch den Vertrag vom 11. April auch über das Los des Kaisers und seiner ganzen Familie Bestimmung getroffen war.
Ich weiß, da Herr von Talleyrand selbst, als die Rede auf mich kam, die Vorschläge zu meinen Gunsten mit den Worten unterstützte: „Die Königin Hortense möchte ich gern gesondert behandelt wissen." Alle Beteiligten, gleichviel welcher Partei, schienen sich meiner Mutter und meiner besonders annehmen zu wollen. Schließlich erhielten wir beide Briefe des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg. Ich lasse hier Abschrift des an mich gerichteten folgen:
„Euer Majestät, ich bin überglücklich, endlich Gelegenheit zu finden, mich ins Gedächtnis Ew. Majestät zurückrufen zu dürfen und zugleich in der Lage zu sein, mit Nachrichten aufzuwarten, die Ew. Majestät vielleicht nicht unerwünscht sind. Seit ich hier im Lande bin, denke ich beständig an das Los Ew. Majestät.
Herr von Humboldt hat mir, abgesehen von den für Ew. Majestät so bedauerlichen Umständen, bestimmte Nachrichten über Dero Aufenthaltsort vermittelt und mich zugleich beruhigt. Seit jener Zeit, ich wage es auszusprechen, ist es mir ein Herzenswunsch gewesen, Ew. Majestät zu Diensten steen zu können und durch Taten eine Ergebenheit zu beweisen, die bisher nur in Worten dargetan werden konnte. Durch die Ankunft des vortrefflichen Fräuleins Cochelet habe ch endlich erfahren, welche Manahmen Ew. Majestät und Dero erhabenen Mutter genehm sein möchten. Ich beschloß, mit meinem Kaiser ein offenes Wort darüber zu reden, und beeile mich, Ew. Majestät zu berichten, welchen Erfolg die Unterredung gehabt hat, die heute stattfand; Ew. Majestät werden es mir verzeihen, wenn ich ohne besonderen Auftrag es auf mich genommen habe, Ew. Majestät Angelegenheit zu fördern. Der beste aller Kaiser, wie ich wohl sagen darf, erklärte, es sei schon lange seine Absicht gewesen, die Bekanntschaft von ebenso edlen als liebenswürdigen Fürstinnen zu machen, das er sich lebhaft für das Los dieser hochachtbaren Familie interessiere, die sich unter schwierigen Verhältnissen mit solchem Edelsinn betragen habe. Er sprach sich höchst anerkennend über das Verhalten des Vizekönigs aus, der allein Würde und Vornehmheit bewiesen habe. Es würde zu weit führen, alles das Gute wiederzugeben, was er mit so vollem Recht über Ew. Majestäten geäufert hat. Er hat mich schlieflich beauftragt, Ew. Majestät und Dero erhabenen Mutter seinen Wunsch zur Kenntnis zu bringen, die Bekanntschaft der Fürstinnen zu machen, daß er nach Navarra gekommen wäre, wenn nicht dieser Ort so weit abläge, daf er aber als den wohl willkommensten Aufenthaltsort La Malmaison in Vorschlas bringen möchte, wo er Ew. Majestät mit Dero Kindern zu treffen hoffe. Er hat mir gleichzeitig die entgegenkommendsten Versicherungen hinsichtlich der Verhältnisse der Familie Ew. Majestät erteilt.
Fräulein Cochelet hat es auf sich genommen, diesen Brief, wie auch den andern zu besorgen, in dem ich Ihrer Majestät der Kaiserin, Dero Mutter, Bericht erstatte. Ich nehme mir die Freiheit, Ew. Majestät zu bitten, es mich gütigst wissen lassen zu wollen, wann Ew. Majestät, wie auch Dero Mutter, Malmaison angekommen sin, damit ich den Kaiser davon in Kenntnis setzen kann, ferner über meine Person als Sachwalter verfügen zu wollen in allen Dingen, für die Ew. Majestät meine Betätigung für nötig erachten; mein schönster Lohn wird bis zu dem glücklichen Tage, wo ich meine Huldigung persönlich zu Füßen legen darf, der sein, das Ew. Majestät geruhen werden, mit mir zufrieden zu sein; ich bitte gehorsamst, die Versicherung meiner Ergebenheit und meiner ausgezeichneten Hochachtung entgegenzunehmen, mit der ich die Ehre habe zu sein
Ew. Majestät
untertäniger und gehorsamer Diener
Leopold Prinz von Sachsen-Koburg
General m russischen Dienst.
Paris, am 14. April 1814.“
Der an die Kaiserin gerichtete Brief war ungefähr gleichen Inhalts. Ich erklärte meiner Mutter, sie könne völlig frei darüber entscheiden, ob sie der Einladung des Zaren Folge leisten wolle. Die Scheidung hatte sie von allen früheren Beziehungen getrennt, und sie bedurfte einer Stütze. Meine Pflicht aber rief mich ab, und nichts vermochte mich abzuhalten, sie zu erfüllen.
Ich widersetzte mich allen Bemühungen meiner Mutter, die mich bewegen wollte, sie zu begleiten, und erreichte zuletzt, das sie einsah, mein Platz sei bei den am Schwersten Betroffenen, und da ich die Kaiserin Marie-Louise für tief niederge schlagen halten mufte, säumte ich auch nicht länger, ihr meinen Trost zur Verfügung zu stellen. Isom Meine Mutter reiste nach Malmaison ab und ich nach Rambouillet, und zwar auf derselben Strafe, die ich wenige Tage zuvor in so grofer Aufregung befahren hate. Ich war jetzt freilich ruhiger geworden. Es schwebte nichts Ungewisses über mir. Unser Unglück war besiegelt. Im Augenblick, wo ich Louye, das Landgut des Herrn von d'Arjuzon verließ, wo ich abermals nächtigte, kam in berittener Bote aus Paris mit einem neuen Brief des Prinzen Leopold an, dessen Nachschrift folgendermaken lautete:
„Ew. Majestät.
Ich habe eben durch Fräulein Cochelet erfahren, da Ew. Majestät sich von Dero Mutter getrennt haben und das Ew.Majestät erhabene Mutter in Malmaison angekommen ist. Da ich vom Kaiser Alexander beauftragt bin, Ew. Majestät die Begegnung in Malmaison in Vorschlag zu bringen, und da mir bekannt ist, das er besonderen Wert darauf legt, Ew. Majestät dort zu begegnen, wage ich, Ew. Majestät inständig zu bitten, chestens dort eintreffen zu wollen. Ich erachte diese Begegnung als von höchster Wichtigkeit für das Wohl Ew. Majestät und Dero Kinder, und es wäre mir unendlich lieb, wenn Ew. Majestät mit Dero Mutter diese Begegnung mit dem Kaiser ermöglichten. Ew. Majestät werden mir gewiss verzeihen, daf ich es wage, Ratschläge zu erteilen; aber meine Ergebenheit, von der Ew. Majestät hoffentlich überzeugt sind, hat sie mir eingegeben, und ich wage es, mir zu schmeicheln, da Ew. Majestät als Antwort einfach nach Malmaison kommen werden.
Fräulein Cochelet fügte ihre triftigsten Gründe hinzu, die alle mein und meiner Kinder Wohl betrafen. Sie berief sich außerdem auf die Ansicht des Herrn von Nesselrode, um mir zu widerraten, mich der Kaiserin Marie-Louise fernerhin anzuschliefen. Es wäre besser, sagten sie alle, keine gemeinschaftliche Sache mit der Familie zu machen, von der Frankreich nichts mehr wisen wolle, ich würde es andernfalls meinen Freunden unmöglich machen, mir beizustehen usw.
Bin ich auch für gewöhnlich nachgiebig und leicht zu führen, wen es sich um die kleinen Dinge des Lebens handelt, so kann mich doch nichts hindern auszuführen, was ich einmal al das Rechte begriffen habe, und je mehr sich etwa mein persönliches Interesse dagegen sträubt, desto mehr verlangt es mich, das Erkannte durchzusetzen. Wieder Briefe noch Vorstellungen konnten somit Eindruck auf mich machen, und ich reiste nach Rambouillet ab, wie ich es mir vorgenommen hatte.
Unterwegs begegnete ich der französischen Kavallerie, die sich damals aus der Normandie zurückzog. Das verdüsterte und bestürzte Aussehen dieser braven Truppen, die hr Anführer, der Herzog von Ragusa, in dem Augenblick an den Feind auslieferte, wo sie sich zum Kampf bereit hielten, lief mich tief aufseufzen. Bald näherte ich mich den feindlichen Vorposten. Es war die erste fremde Uniform, die ich bisher gesehen hatte; das Herz zog sich mir zusammen, und dieser Zustand steigerte sich noch bedeutend, wie ich beim Eintritt in Schloß den russischen Wachposten für die Kaiserin zu sehen bekam. Ich war im Zustand großer Ergriffenheit angekommen und hielt allen Trost bereit, über den ich verfügte. Ich wußte nicht, ob ich bei der Kaiserin auch die Brüder des Kaisers treffen würde, erfuhr aber, daß sie sämtlich in die Schweiz ab gereist seen und das die Kaiserin sich allein mit dem König von Rom in Rambouillet befände.
Ich wurde angemeldet. Man denke sich men Erstaunen, als sie mir antworten lie, sie sei leidend, schriebe dem Kaiser, würde es mich wisen lassen, wenn sie mich empfangen könne.
Es wollte mich bedünken, das bei einem gemeinsamen Unglück, das ihr Herz noch grausamer quälen mufte als meines, ein solcher Beweis der Teilnahme sie rühren müsse statt als Störung empfunden zu werden. Ich begab mich zum König von Rom.
Er spielte in seinem Salon, friedlich und ohne Ahnung, was ihm die Zukunft bringen werde. Ich Küste das Kind gerührt und herzlich und verfügte mich dann auf mein Zimmer, wo man mir nach einiger Zeit mitteilte, die Kaiserin verlange mich zu sehen. Ich traf sie zu Bett, traurig und niedergeschlagen. Sie gab mir Nachricht über den Kaiser, klagte lebhaft über seine Brüder und die Hartnäckigkeit, mit der sie sie zwingen wollten, weiter fort zu reisen. Dem ausdrücklichen Befehl des Kaisers Napoleon zufolge muften diese freilich den gröften Wert darauf legen, da die Kaiserin und der König von Rom nicht in die Gewalt der Fremden gelange. „Ich sähe meinen Sohn lieber in der Seine als in den Händen der Feinde Frankreichs" hatte der Kaiser geäufert. Und es war auch diese selbe Erwägung gewesen, das die politisch bedenklich rasche Abreise von Paris bewirkt hatte. Die Brüder des Kaisers sahen sich also verpflichtet, die Kaiserin und ihr Kind nach sichereren Gegenden fortzuschaffen, besonders nachdem sie es nicht gewagt hatten, jenem Befehl zuwider zu handeln, um die Widerstandskraft in der Hauptstadt zu fördern. Trotzdem fand man allgemein, da die Brüder des Kaisers sich der Kaiserin gegenüber gefühllos betragen hätten.
Sie fragte mich, was ich zu tun gedächte. Ich erwiderte, ich hätte vorläufig nur daran gedacht, ihr Trost zuzusprechen. Sie schien zunächst nicht recht zu wisen, was sie sagen sollte und setzte hinzu: „Morgen kommt mein Vater, und es wäre mir recht lieb, mit ihm allein zu sein. Da er dich nicht kennt,