Napoleon fights to keep his stepchildren in his life as he painfully effects a separation from Josephine.
war, sich nicht von ihm zu entfernen, bangte ihr vor der Ansicht meines Bruders, von der sie befürchtete, sie were mit meiner übereinstimmen. Der Kaiser kam auf der inneren Treppe mit Eugen herab. Diese Begegnung ging allen nahe und die Augen warn den Beteiligten feucht geworden. Selbst der, den ich nie anders als unbeugsam gekannt hatte, schien jetzt im Begriff zu stehen, die so bestimmt geäußert Willensmeinung wieder preiszugeben. Mein Bruder und ich aber erklärten, es sei zu spät, wir wüssten um seine Absichten, die Kaiserin könne mit hm unmöglich glücklich werden. Wir hätten geschwiegen, solange an Machenschaften bei Hof und seitens seiner Familie zu glauben war; er selbst habe sich aber nun klar ausgesprochen und es sei jetzt an uns, die Kraft aufzubringen, uns endgültig von ihm zu trennen. Der Kaiser teilte nun auch Eugen mit, was er mir eben gesagt hatte. Es müsse sich alles, meinte er, gütlich schlichten lassen. Die Kaiserin were keinerlei Einbuße, weder was ihre Stellung, noch was die Gefühle betraf, die er ihr zugelobt habe, zu gewärtigen haben. Mein Bruder trat aber beharrlich für die endgültige Trennung ein. „Wir kämen dadurch nur in eine schiefe Lage", sagte er. „Schließlich ist Ihnen meine Mutter im Wege. Man wird sich nicht entblöden, Angriffe gegen unsre Familie zu richten, die ja doch als abgetan gelten muss. Unsern harmlosesten Handlungen wird abgekartetes Spiel unterstellt werden. Ja selbst Ihre Feinde werden uns zu schaden wissen, sich den Anschein der Wohlgesinntheit geben und ungerechtfertigten Argwohn gegen uns bei Ihnen erregen. Es ist besser, wir geben alles auf. Nennen Sie uns einen Ort, wo wir, dem Hof und allen Ränken entrückt, unsrer Mutter behilflich sein können, ihr Leid zu tragen."
Der Kaiser beklagte sich zunächst über die schlechte Meinung, die wir von ihm hätten, und sagte dann im bewegten und feierlichen Tone tiefen Gefühls: „Eugen, wenn ich dir je im Leben dienlich gewesen bin und Vaterstelle an dir vertreten habe, so verlasse mich nicht. Ich bedarf deiner. Auch deine Schwester muss bleiben. Sie ist es ihren Kindern, meinen leib lichen Neffen, schuldig; auch deine Mutter ist dagegen. Ihr würdet sie mit euren übertriebenen Auffassungen doch nur unglücklich machen. Ja noch mehr: Ihr habt auch an die Nachwelt zu denken. Bleibt, wofern ihr nicht wollt, da es heiße: „Die Kaiserin wurde auf und davon gejagt und verlassen und mag es verdient haben." Ist denn nicht etwa aufs Schönste für sie gesorgt dadurch, das sie um mich bleiben soll, Rang und Würden behält, womit der Welt gezeigt wird, es handle sich ausschließlich um eine Scheidung aus politischen Beweggründen, die sie selbst wollte; und erwirbt sie sich nicht damit erneute Anrechte auf Hochachtung und Wertschätzung und die Liebe des Volks, dem sie diese persönlichen Opfer gebracht hat?"
Auf diese Gedankengänge, die ebenso treffend als unerwartet waren, wussten wir nichts zu entgegnen. Die besonnene Rücksicht auf den Ruf der Gattin in einem Augenblick, wo er sich von ihr zu trennen gedachte, überzeugte uns. Was der Gatte entschied, mufte auch für die Kinder bestimmend sein.
Sie wären im Unrecht, wenn sie es ihm nicht gleichtäten. Wir bemühten uns denn, um jeden Preis unsre Gedanken ausschließlich auf die ehrenvolle Zukunft zu richten, die unsrer Mutter zugedacht war. Weit entfernt, ihre Absicht, beim Kaiser zu bleiben, zu durchkreuzen, wollten wir uns Gewalt antun und sie begünstigen, stellte sie ihr doch alle Annehmlichkeiten zumal sicher: die großen Verhältnisse, von denen man sich so schwer zu trennen vermag, ein ruhiges Leben, wie es ihr zusagte, die Liebhabereien, denen sie nun frönen konnte, und dann das edle und groke Gedächtnis, das sich an ihren Namen knüpfen musste.
Was ihr frommte, ging unsern Wünschen voran. Schon waren wir imstande, ruhigen und festen Blicks die neue Lage der Dinge zu betrachten, die uns unter diejenigen zu stoßen schien, die bisher unter uns gestanden hatten, und uns dort, wo wir alles gegolten hatten, zur Bedeutungslosigkeit erniedrigen sollte. Unsre Verzichtleistung auf eigene Wünsche war eine vollständige. Da das Opfer beschlossene Sache war, galt es, es auch in die Tat umzusetzen. Die Familie des Kaisers trat zusammen. Ihre Genugtuung war unverkennbar, so sehr sie sich bemühten, sie nicht merken zu lassen. Sie waren anscheinend gerührt über das Los der Kaiserin; wenn sie sich aber uns zuwandten, auf die sie doch ständig eifersüchtig waren, verrieten sie sich jedesmal durch den Ausdruck der Befriedigtheit und Siegesfreude.
Ich war ständig einem Andrang von Kümmernissen ausgesetzt. Ich erfuhr, das mein Mann unterwegs war. Der Kaiser, der jedenfalls unsre Wiederannäherung beabsichtigte, hatte mich veranlasst, ihm zu schreiben, damit über unser ferneres Leben Bestimmung getroffen werden könne. Ich hatte es getan und erhielt als Antwort eine ausführliche Wiederholung aller Widerwärtigkeiten, an denen ich schuldig sein sollte; zum Schluss kam der Wunsch, den er hegte und auch bei mir voraussetzte, es möchte zur gesetzlichen Scheidung geschritten werden.
Nach einem Frühstück, das die Prinzessin Pauline eines Tags in Neuilly dem Kaiser gab, rief mich dieser in einem Augenblick, wo gerade alles im Garten beisammen war, zu sich, fasste mich am Arm und sagte, indem er sich etwas von den übrigen zurückzog, folgendes: „Morgen kommt dein Mann. Ich weiß, er beabsichtigt, bei seiner Mutter Wohnung zu nehmen. Ich kann dies nicht billigen. Hier in Frankreich bin ich berechtigt, ihn zu zwingen, im eigenen Haus zu wohnen; ich weiß aber auch, wie unglücklich er dich macht durch sein widriges Wesen. Sag mir nun: Wäre es dir sehr unangenehm, wenn ich ihn zwänge, bei dir zu wohnen?" - „Sire," sagte ich, „mir fehlt der Mut, die immerwährenden Verdrießlichkeiten weiter zu ertragen,“ - „Aber", fuhr er fort, „Louis ist doch gut. Gewiss, es kann niemand mit ihm auskommen; aber das rührt daher, das deine Sanftmut seine Fehler allzusehr begünstigt. Eine brave Frau soll doch ihren Mann immer zu führen wissen.“ - „Sire, lassen Sie ihn machen was er will. Ich bitte Sie darum." Der Kaiser schien unentschlossen, wir traten wider zu den andern, und mein Mann nahm tatsächlich, statt in seinem Palast abzusteigen, bei seiner Mutter Wohnung.
Ich gestehe, da ich mich ungeachtet aller boshaften Unterstellungen, denen ich ja nicht entgehen konnte, darüber freute, so entsetzlich war mir seine Nähe. Es war dies die erste Kundgebung der Entfremdung, die der Welt unser Zerwürfnis bekannt gab.
Seine Kinder brachten den Sontag regelmäßig bei hm zu. Der Jüngste, der einige Tage krank war, konnte deshalb nicht ausfahren. Mein Mann geriet in helle Wut, sagte aller Welt, ich missgönnte ihm den Besuch des Kindes, und kam abends allein zu mir, sich zu überzeugen, daß er nicht getäuscht worden und sein Sohn wirklich krank war.
In einer unglücklichen Ehe wird alles und jegliches zu Zwietracht und Verdruss. Der Kaiser hatte verlangt, das mein Mann mir einen Staatsbesuch mache und ich ihn erwidere. Wir trafen gelegentlich in den Tuilerien zusammen, under sagte, wie ich später erfuhr, er habe mich so verändert gefunden, das ihn eine weiche Stimmung überkam. Es befiel ihn eine Krankheit, und ich begab mich zu ihm. Ich war unversehens eingetreten, mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Wie ich am nächsten Tage wiederkam, wollte er mich nicht empfangen. Dies ging mir sehr zu Herzen. Schließlich gab der Kaiser unsern gemeinsamen Bitten nach und berief einen Familienrat zusammen, die Scheidung zu bewerkstelligen. Es konnte keinerseits ein sachdienlicher Grund vorgebracht werden, und der Kaiser sagte zu wiederholten Malen: „Sie sind wie die Kinder. Nicht das dünnste Stück Papier steht zwischen ihnen. Sie müssen sich wieder vertragen."
Damals warn gerade große Festlichkeiten in Paris, und zwar anläßlich des mit Österreich geschlossenen Friedens. Die Scheidung war jetzt öffentliches Geheimnis, aber die Kaiserin blieb ihren Absichten treu
und besuchte alle Empfänge mit der Krone auf dem Haupt, obwohl sie wußte, sie werde in kurzer Zeit ein andres schmücken. Während der ganzen Zeit, in der die Scheidung spielte, besuchten die Könige von Sachsen, Württemberg und Bayern Paris. Die Kaiserin empfing sie. Mein Bruder war dem König von Bayern entgegengefahren, ihn von der Trennung zu benachrichtigen. Der König war ganz unglücklich darüber, und es war ihm peinlich, zu einer Zeit gekommen zu sein, wo er Zeuge des Ereignisses sein musste. Er sprach den Wunsch aus, es möchte dem Vizekönig eine entsprechende fürstliche Stellung gegeben werden. Der Kaiser, weit entfernt, dies abzuschlagen, bot meinem Bruder ein Königreich „der illyrischen Provinzen", „Tirol" oder die Krone eines beliebigen andern Lands an. Mein Bruder gab auf alle diese Vorschläge nur immer zur Antwort: „Ich will nichts. Lasst mich zufrieden.“ Auch die Kaiserin drang lebhaft darauf, das die Zukunft ihres Sohnes gesichert würde; der Titel „Fürst von Venedig" verschaffte ihm keinen Anspruch auf die Krone Italiens, die ja der rechtlichen Lage der Dinge nach dem zweiten Sohn des Kaisers zukam. Der Vizekönig ließ aber keinen Zweifel über seine Willensmeinung bestehen und wollte von keiner Krone noch irgendwelcher Bevorzugung wissen, die mit dem Unglück meiner Mutter in Verbindung gebracht werden konnte.
Am 15. Dezember 1809 endlich, dem Tag der Scheidung, vereinigte sich die gesamte Familie im großen Arbeitszimmer des Kaisers, in dem er sich mit der Kaiserin allein aufhielt. Jeder nahm die ihm gebührende Stelle ein. Es traten der Erzkanzler und der Graf Regnaud von Saint-Jean-d'Angély in den Saal und verharrten in stehender Haltung. Der Kaiser nahm eine Urkunde zur Hand, die er mit lauter und sicherer Stimme verlas; wie er aber die Worte sagte: „Sie hat mein Leben fünfzehn Jahre lang verschönt", drang die Rührung durch. Die Kaiserin verlas auch ihrerseits ein Schriftstück, doch die Tränen liessen sie nicht weiterlesen. Sie reichte das Papier dem Grafen Regnaud, der die Kundmachung beendete und dabei selbst den Tränen nicht wehren konnte. Nachdem das Protokoll aufgesetzt und von allen unterzeichnet worden war, küsste der Kaiser die Kaiserin, fasste sie an der Hand und führte sie auf ihr Zimmer. Einige Zeit nachher suchte er mich auf und begleitete mich zu ihr. Ich traf sie in niedergeschlagenem Zustand und ganz ermattet von dem wang, den sie sich auferlegt hatte. Ich fühlte, ich müsse ihren Mut bis zuletzt stärken. Ich erinnerte sie an das Unglück, das die Königin, ihre Vorgängerin in diesem Palast verfolgte, den sie verlassen hatte, das Schaffot zu besteigen. Ich verwies sie auf den Unterschied der beiderseitigen Schicksale und die Tröstungen, die ihr verblieben, und erreichte denn auch, das sie wieder Mut faßte.
Mein Bruder hatte den Abend zuvor beim Senat vorgesprochen, um die erfolgte Scheidung mitzuteilen und unser unerzwungenes Einverständnis zu diesem Schritt zu bestätigen.
Am nächsten Tag in der Frühe begab ich mich zu meiner Mutter. In ihrem Salon warn sämtliche Dame des Palastes versammelt und beweinten den Abschied. Ich hegte große Besorgnisse, diese angreifenden Empfänge möchten ihr schaden; denn nach meiner Auffassung war das Peinlichste vorüber.
Einen Hof verlassen hief doch nicht etwa eine Stätte des Glücks einbüfen, ich führte meine Mutter zum Wagen, während der Kaiser sich im Rat aufhielt. Er hatte sich schon zuvor verabschiedet. Ich war nicht zugegen gewesen, konnte mir aber vorstellen, was für quälende Dinge sich abgespielt haben mussten. Unsre Fahrt nach Malmaison verlief traurig und schweigsam. Wie wir an diesem Ort ankamen, den sie so liebte, war ihr Herz bedrückt: „Wenn er glücklich ist," meinte sie, „werde ich nichts zu bereuen haben." Und ihre Augen waren stets voll Tränen.
Am Tage nach ihrer Abreise von den Tuilerien stattete ihr der Kaiser Besuch ab. Die Förmlichkeit, dem feierlich entgegenzugehen, der noch am Abend zuvor ihr Gatte gewesen war, machte auf alle den stärksten Eindruck. Er fasste sie freundschaftlich an der Hand und ging lange in der Nähe des Schlosses Plaudernd mit ihr auf und ab. Jeden Tag schickte er einen Pagen mit einem Brief, in dem er meist gleichfalls über Ver-