There is a pattern here.
Scratch
tragene Nachlässigkeit dadurch zu entschädigen, das ich mich seiner Angelegenheit ganz besonders annahm. Wenige Minuten, nachdem Frau von Rémusat sich empfohlen hatte, traf er ein. Sein Benehmen mufte mir alles Wissenswerte verraten; denn was er eigentlich wollte, darüber verlor er
kein Wort. Er gab sich nicht im geringsten erregter als sonst, und es sah schlieflich so aus, als hätte ich und nicht er eine Bitte zu tun.
Die Tränen der Frau von Rémusat und ihr heißes Bemühen, einen guten Freund zu verteidigen, standen in auffallendem Gegensatz zur Gemächlichkeit des hochfahrenden Herrn. Ich versprach, am Abend noch mit dem Kaiser über die Sache zu reden, und ich glaube, er brachte es zuwege, das ich ihm dies zusagte, ohne das er mich eigentlich darum gebeten hätte. Frau von Stäel, die ihn in ihrem Roman „Delphine" unter dem Namen der Frau von Vernon so vortrefflich zeichnete, kannte ihn ausgezeichnet, und ich habe noch oft Gelegenheit gehabt, die Richtigkeit ihrer Darstellung anzuerkennen.
Ich begab mich meinem Versprechen gemäss noch am Abend in die Tuilerien. Ich sagte dem Kaiser in scheinbar großer Bewegung, ich hätte jemanden getroffen, der über seine Ungnade ausser sich sei, brachte seine Verzweiflung, seine Versicherungen der Ergebenheit zur Sprache und log derartig, das ich noch heute nicht begreifen kann, wie ich meinen Ernst zu bewahren vermochte. Als ich ablehnte, den Namen dieser Person zu nennen, lachte der Kaiser laut auf und sage: „Du meinst wohl Herr von Talleyrand? Der war gewif heute früh bei dir?" - „Jawohl, Sire, und zwar tiefbetrübt." - „Er glaubt also, ich wüsste nicht, was er sich für Äußerungen geleistet hat? Auf meine Kosten hat er sich wieder einmal herausstreichen wollen! Er mag tun, was er will, und schwatzen, was ihm beliebt." - „Aber, Sire, wie kann man nur einem Menschen solche Reden zutrauen, der keine zwei Worte in einem Zuge sagen kann? Es handelt sich offenbar um eine Verleumdung.“ - „Du kennst die Menschen nicht, mein Kind. Ich weiß, woran ich bin. Sagt er auch in deiner Gegenwart kein Wort zuviel, so unterhält er sich dafür eine ganze Nacht lang mit seinen Freundinnen, der Frau von Laval und andern. Übrigens tu ich ihm -ja nichts zuleide. Ich will mir nur nicht von ihm dreinreden lassen." Ich bin nicht darüber ins reine gekommen, ob das Bild des „tiefbetrübten" Talleyrand den Kaiser zu rühren vermochte, so wenig es diese Äusserung vermuten liess, oder ob er noch eine Aussprache mit ihm hatte. Jedenfalls legte er die Sache wieder bei, freilich ohne ihm seine Ämter wieder zu übertragen, eine für einen ehrgeizigen Mann sehr empfindliche Zurücksetzung, die Talleyrand dem Kaiser auch nie verzieh.
Selbst seine Oberstkämmererstelle wurde ihm genommen und einem Herr von Montesquiou gegeben. Man hat aus diesem Anlass gesagt, der Kaiser demütige zu sehr und strafe nicht streng genug.
Frau von Talleyrand, die ich nur wenig kannte, sprach eines Tags, als ihr Mann noch Oberstkämmerer war, bei mir vor und sagte: „Sie sind so gütig, Madame, da ich mir gestatte, für Herrn von Talleyrand zu bitten, es möchte ihm die Zusammenstellung der Spielpartner für Sie bei den Abenden des Kaisers übertragen werden. Als Oberstkämmerer obliegt es ihm, die Partner zur Beteiligung am Spiel einzuladen, under nimmt Ihre Äußerung entgegen, welche Personen Ihnen genehm sind. Nun ist es ihm peinlich, daf er selbst als Inhaber eines der obersten Reichsämter von keiner der Prinzessinnen je als Partner gewählt wurde." Ich versprach Frau von Talleyrand, die Sache in Ordnung zu bringen, und es war auch richtig, das wir niemals daran gedacht hatten, Herrn von Talleyrand zum Spiel zu bitten, da wir glaubten, er sei allzusehr mit den Förmlichkeiten der Empfänge in Anspruch genommen.
Unbestimmte Gerüchte sprachen von einem neuen Krieg mit Österreich. Eine scheinbar nichtige Sache führte dazu, sie für begründet zu halten. Es wurde bei den diplomatischen Empfängen nach dem Theater oder Konzert gespielt. Wir begaben uns mit der Kaiserin in das große Kabinett des Kaisers, wo die Partien zusammengestellt wurden. Gewöhnlich kümmerte sich der Kaiser nicht um die Partner der Kaiserin. Wir nannten vielmehr dem Oberstkämmerer die Namen der uns erwünschten Personen, und es war dabei Sitte, der Gesandten der Großmächte und der hohen Würdenträger zu gedenken. Damals aber fragte der Kaiser die Kaiserin in gleichgültigem Ton, mit wem sie spielen were. Dann aber bezeichnete er selbst drei Personen, one ire Antwort abzuwarten. Die gleiche Frage richtete er auch an uns, und auch hier nannte er die Partner.
Wir konnten unschwer erkennen, das diese Nennungen den Zweck hatten, den österreichischen Gesandten, Herr von Metternich, von uns fern zu halten, der sonst immer mit uns spielte und nun mit der Spielgruppe der Hofdamen vorlieb nehmen musste. Wie sich Frau von Talleyrand an mich gewandt hatte, so kam auch Frau von Metternich. Ich sollte, so lautete ihre Bitte, es so einrichten, das wenigstens die Hofdamen ihren Mann nicht zum Spiel bäten; wenn er schon nicht mit uns spielen könne, so zöge er vor, es überhaupt nicht zu tun, damit die Aufmerksamkeit nicht auf die veränderte Lage gelenkt würde.
Ich veranlasste mit Freuden, was Herr von Metternich angeregt hatte, um seiner unangenehmen Lage zu entgehen, und verfehlte nicht, bei den Abendeinladungen, wo jede von uns ihren Tisch hatte und nur die Damen sitzen durften, da der Kaiser über Ausschliessungen oder Aufforderungen nichts angeordnet hatte, Frau von Metternich möglichst zu entschädigen, indem ich sie an allen Empfangsabenden an meinen Tisch zog. Sonst wäre sie Gefahr gelaufen, sehr vernachlässigt zu werden; denn die Ungunst des Kaisers war ansteckend, und es lag ihm nicht, von ihm unberücksichtigt Gelassene von andern in Schutz genommen zu sehen. Wie er denn im Verlauf des Abends die Runde machte, entfernte er sich wortlos von meinem Tisch, als er sah, das er nicht nach seinen Wünschen zusammengestellt war. Ich wußte mich darein zu finden. Es wirkte übrigens dabei noch ein gewisser Widerspruchsgeist bei mir mit, da ich es für Frau von Metternich, die der Politik immer fern geblieben war, als peinlich empfand, mit einem Male von allen links liegen gelassen zu werden, nachdem sie noch kurz vor der Ungnade des Kaisers für ihren Mann so sehr gefeiert worden war. Oft bekunden nämlich die Leute ihren Eifer für die Herschenden dadurch, das sie viel weiter gehen als diese selbst.
Der Kaiser reiste, wie es seine Gewohnheit war, in einer der nächsten Nächte plötzlich ab, one jemanden davon zu benachrichtigen, und nahm auch meine Mutter mit, die mir sagen ließ, ich möchte ihr nach Strassburg nachreisen und während des Kriegs mit ihr dort verbleiben. Ich begab mich wenige Tage später mit meinen Kindern auf die Reise und war noch nicht in Luneville, als schon die erste Siegesnachricht eintraf.
Wie ich in Straßburg ankam, erschien der junge Page Oudinot an meinem Kutschenschlag und brachte mir die Kunde von der zweiten. Es verging nun kein Tag, an dem wir nicht lange Gefangenenzüge zu sehen bekamen, die von Soldaten begleitet wurden. Alle unsre Truppen standen an der Front, und es kam häufig vor, das wir auf unsern Spaziergängen über Kehl hinaus, ganz allein und ohne Begleitung, mitten unter diese Gefangenen gerieten, ohne auf den Gedanken zu kommen, es könnte uns etwas zustoken. Ich ging mit dem Gefühl völliger Sicherheit unter ihnen hin und her und lie ihnen Geld reichen, besonders an die Verwundeten in ihren Karren. Marschall Kellermann, der in Strafburg befehligte, machte mir Vorstellungen, daß ich auf solche Weise in Mitglied der kaiserlichen Familie der Gefahr aussetzte, als Gefangene verschleppt zu werden; aber ich büsste mein Gefühl der Zuversicht nicht ein und sagte mir, Geschlagene und Unglückliche dächten wohl nur an ihr gegenwärtiges Ungemach. Der Krieg wurde eifrig fortgesetzt. Da wir nur immer nach dem Frieden Ausschau hielten, klammerten wir uns in unserm Hoffen immer an den jewels letzten Sieg; an den Erfolg gewöhnt, wie wir es waren, sorgten wir uns ausschließlich um unsre Lieben und deren Wohlergehen.
Während dieses Feldzugs hatte ich auch mehr als einen Grund zur Teilnahme oder zu Befürchtungen. Mein Bruder befehligte die italienische Armee, und wir mussten zu unserm Kummer erfahren, das seine erste Schlacht nicht glücklich verlief. Er sprach seinen Verdruß darüber in einem Brief an meine Mutter aus, der so leidenschaftlich gehalten war, daf uns die Angst befiel, er möchte sich nun noch größeren Gefahren aussetzen al den bisherigen. Glücklicherweise konnte er aber seine Schlappe bald wider ausgleichen, führte seine Aufgabe aufs glänzendste durch, schlug den Feind tagtäglich und brachte dem Kaiser an den Ufern der Pave ein siegreiches Heer in dem Augenblick zu, wo es infolge der Schlacht von Efling, die für uns einen mörderischen Verlauf genommen hatte, als ebenso unerwartete wie notwendige Verstärkung nur mit offenen Armen aufgenommen werden konnte. Der Kaiser verhehlte ihm auch seine Anerkennung nicht; er ging Eugen entgegen, schloß ihn in die Arme und stellte ihn der Armee vor mit den Worten: „Solche Dinge werden mit dem Herzen getan.“
ZEHNTES KAPITEL
Die Königin von Holland. - Die Scheidung der kaiserlichen Personen. - Marie-Louise. - Abdankung Louis'. - Reise nach Plombières. - Rückkehr nach Paris. In Fontainebleau. - Frau von Barral. - Die Scheidung. - Ankunft Eugens. - Ankunft Louis' - Der 15te Sept. 1809. - In Malmaison mit Joséphine. - Frau von Metternich. - Die Vizekönigin. - Ankunft Marie-Louisens. - Die Eheschließung. - Abreise nach Holland. - Amsterdam. - Abdankung Louis.
Ich begab mich nun nach Plombières und nahm meine Kinder mit. Ich glaubte dort die Gesundheit und den jugendlichsorglosen Frohsinn wiederzufinden, der mich seither so ganz verlassen hatte. Die Natur war sich wohl gleich geblieben; nur ich hatte mich verändert; und wenn mir auch die Bäder gut bekamen, so konnte ich doch die lieben ersten Eindrücke nicht noch einmal erleben; nach großen und traurigen Erlebnissen ist das Gemüt nicht mehr bereit, sie zu empfangen.
Meine Mutter reiste mir nach Plombières nach. Wir erfuhren dort von den Schlachten an der Raab und bei Wagram. Die erste hatte das Korps meines Bruders gewonnen; wir erhielten die Nachricht durch Herr von Bédoyère, der Adjutant des Marshalls Lannes gewesen war, und den dann Eugen beim Tode des Marschalls zu sich genommen hatte. Die Erfolge meines Bruders führten in der Armee zu allerlei Gerüchten. Man bezeichnete Eugen als den einzigen Nachfolger, der dem Kaiser erwünscht sin konnte.
Während de Waffenstillstands wurde ein junger deutscher Universitätsstudent bei einer Parade verhaftet, wie er eben ein Attentat auf den Kaiser verüben wollte. Die Generäle und