Hortense’s Memoirs in German: Hortense’s innocent parents are locked up in terrorist occupied Paris.

In this excerpt, Hortense describes what happens when a group hijacks the government and then they torment the public by making up nonsensical new rules and by murdering and locking up innocent people.

Charakterfestigkeit und die Wirkung, die sie auf die Beruhigung der Hauptstadt ausübte, erregten eine Zeitlang allgemeinen, begeisterten Befall. Selbst in unsrer Zurückgezogenheit in Fontainebleau kam es vor, daf das Volk, wenn es meiner oder meines Bruders am Fenster ansichtig wurde, ausrief: „Das ist ja unser Dauphin und unsre Dauphine". Wir traten eilends zurück und waren erstaunt über das, was wir nicht begriffen; auch waren wir ebenso weit davon entfernt, zu ahnen, was uns bevorstand. Nach der Sitzung der Konstituante schloss sich men Vater als General der Nordarmee an. Er wollte, da mein Bruder in sein Institut zurückkehre, und meine Mutter meinte, es sei an der Zeit, sich auch meiner Erziehung anzunehmen. Die Abtissin des Klosters Abbay eaux-Bois, Frau von Chabrillan, war mit miner Familie verwandt. Ich wurde ihr anvertraut, und meine Mutter zog nach Paris, um uns öfters besuchen zu können. Ich war erst 7 Jahre alt und die Jüngste unter den Zöglingen. Die Äbtissin, die Schwestern und die Zöglinge verwöhnten mich um die Wette. Meine Mutter, die keine Kindertränen sehen konnte und Besorgnis hegte, ich könnte auch nur einen Augenblick bekümmert sein, hatte mich an viel Liebes gewöhnt, und im Kloster begegnete ich der gleichen Bereitwilligkeit, diese zarte Rücksicht und Gewohnheit walten zu lassen. Ich trat daher mit dem Glauben ins Leben ein, daf ich geliebt werden müsse. Wen etwa ein unbeabsichtigtes Vergehen meinerseits auf einem Gesicht den Ausdruck der Strenge hervorgerufen hatte, tat ich, was ich nur konnte, um es wieder zu einem freundlichen Lächeln umzustimmen. Ich versprach, mich zu bessern. Was ich einzig und allein fürchtete, das war der Verlust eines Gutes, auf das ich schon damals nicht verzichten konnte.

Es waren erst einige Monate vergangen, als meine Mutter mich eines Morgens zu sich holen lie. Es war am 10. August.

Die Tuilerien wurden gestürmt. Paris war in wilder Gäruns.

An einem so schrecklichen Tage wollte die Mutter nicht ohne ihre Kinder sein. Einige Zeit nachher wurden Klöster und Knabeninstitute aufgehoben. Sie behielt uns bei sich bis zu dem Zeitpunkte, wo man in Frankreich solche Besorgnis hegte, das sie beschloss, uns ins Ausland zu schicken. Prinz Salm, der die gleichen Gesinnungen hegte wie mein Vater, one aber, als Ausländer, dasselbe Vertrauen zu geniefen, beschloß, mit seiner Schwester, der Prinzessin von Hohenzollern, nach England zu reisen. Sie übernahmen es, uns als ihre Kinder auszugeben und mitzunehmen. Sowie aber unser Vater gehört hatte, daf wir auswandern sollten, schickte er einen Eilboten an den Prinzen mit der Bitte, uns nach Paris zurückzuschicken. Er wollte nichts davon wisen, daß seine Kinder ihr Vaterland verliken. Der Eilbote erreichte uns in der Nähe von Saint-Pol (Artois), wo wir uns einige Zeit aufgehalten hatten. Zwei Tage später fuhren wir wider zurück! Der Prinz und die Prinzessin brachten uns selbst wieder nach Paris, und unsre Mutter war, ungeachtet ihrer Befürchtungen, glückselig, uns wider bei sich zu haben.

Sie lebte sehr eingezogen und kannte niemanden von denen, die damals Frankreich beherrschten. Ir guts Herz sollte sie aber bald um diese Zurückhaltung bringen. Madame de Moulins, damals 80 Jahre alt, kam eines Tages mit der Nachricht zu ihr, daf ihre junge Nichte, Fräulein von Béthisy, verhaftet und ins Gefängnis geworfen worden sei. Sie war erst 19 Jahre alt, aber, als Emigrantin, bestand Gefahr für ihr Leben, wenn sie vor die Schranken des Gerichts käme. Ihre arme alte Tante zerfloss in Tränen und beschwor meine Mutter, das junge Mädchen einem sicheren Tod zu entreifen. Umsonst; meine Mutter antwortete, dass sie niemanden kenne.

Madame de Moulins meinte, der Gattin eines Generals der französischen Armee könne nichts abgeschlagen werden.

Man läft sich doch so gern überzeugen, man sei zu etwas gut! Meine Mutter sprach also bei allen makgebenden Personen vor, bat um die Befreiung ihrer Schutzbefohlenen und erreichte ihren Zweck. Tallien unterstützte ire Schritte mit der größten und liebenswürdigsten Zuvorkommenheit und erwarb sich hier mit das erste Anrecht auf unsre Erkenntlichkeit; denn damals half man den Unglücklichen unter eigener Gefahr.

Mitten unter den vielen fürchterlichen Begebenheiten, die in Paris aufeinander folgten, konnten sich die Eltern nur schwer der Erziehung ihrer Kinder widmen. Eine Begleitdame, die meine Mutter zu sich genommen hatte, wurde meine Erzieherin.

Sie war aus gutem Hause, gut erzogen und besafi einige Talente; ihr Unterricht hätte mir also dienlich sein können, wenn nicht das Politische sie ganz und gar in Beschlag genommen hätte.

Das Dekret, das den Adel vom Heeresdienst ausschlof, zwang meinen Vater, die Rheinarmee zu verlassen, deren Oberkommando er soeben an Stelle des Herrn von Custine übernommen hatte. Er zog sich auf sein Gut La Ferté-Beauharnais zurück, wo er kurz nachher festgenommen und ins Karmelitergefängnis gebracht wurde. Meine Mutter bestürmte zwar täglich alle Persönlichkeiten, die ihr im Falle des Fräulein von Béthisy bereitwillig Gehör geschenkt hatten; aber sie konnte nicht einmal die Umstände in Erfahrung bringen, die der Festnahme mines Vaters zugrunde lagen und wurde schlieflich selbst verhaftet.

Die einzige Vergünstigung, die ihr gewährt wurde, bestand darin, da man sie in demselben Gefängnis unterbrachte, in dem sich ihr Mann befand.

Wie grof war unsre Verzweiflung, als wir eines Morgens erfuhren, da unsre Mutter weinend zu uns gekommen war, um uns zu umarmen, und daf sie dann fortging, weil sie unsren Schlaf nicht stören wollte.

„Last die Kinder schlafen", sagte sie zu unsrer Erzieherin: „ich könnte sie nicht weinen sehen, und ich brächte es nicht über mich, sie wieder zu verlassen.“

Schrecklich war unser Erwachen. Mit einem Male sahen wir uns allein. Ohne Vater und Mutter Der erste Kummer meines Lebens.

Mein Bruder war trotz seiner Jugend von der ganzen Kraft eines edlen Herzens beseelt. Er empfand ein solches Verlangen. die Eltern zu retten, daf er an das Gelingen glaubte. Allein eilte er zu Tallien und berichtete ihm unser Unglück. Ich wartete mit Ungeduld auf das Ergebnis. Ich hatte gemeint, daf die Herzenstöne, über die mein Bruder verfügte, unwiderstehlich wirken müften. Aber, der uns dienen wollte, konnte es nicht mehr. Das Entsetzen hatte alle Herzen versteint. Sie schienen kein Verständnis mehr zu haben für Güte und Gerechtigkeit. Die Unschuldigen konnten sich also nur mehr auf den Untergang gefaft machen.

Es ist gewif war, daf die ersten Eindrücke unaustilgbar sind und oft später zu heilsamen Nachwirkungen führen. Die Erinnerung an das Glück, das ich genossen hätte, wäre ich erhört worden, hat ganz bestimmt in meinem Gemüt das Bedürfnis gezeitigt, die Unglücklichen aufzusuchen, sie in Schutz zu nehmen, sie zu lieben, ein Bedürfnis, das eigentlich den hohen Lebensstellungen den einzigen Wert verleihen müfte, der ihnen zukommen kann.

Wir brachten unsre Tage damit zu, den Eltern zuzuführen, was sie nur benötigen konnten. Zum Gefängnis selbst hatten wir keinen Zutritt, und es dauerte nicht lange, so wurde uns auch der schriftliche Verkehr untersagt. Wir glaubten uns schadlos halten zu können, indem wir unter eine Liste mitsebrachter Gegenstände die Worte setzten: “Euren Kindern geht es gut": aber der Torwart des Gefängnisses trieb die Roheit so weit, das er das Geschriebene auslöschte. Als letztes Auskunftsmittel schrieben wir nun die Liste abwechselnd mit eigener Hand, so daf die Eltern wenigstens an den Schriften erkennen konnten, das wir am Leben waren.

Es wurde den Kinder aller Adeligen befohlen, ein Handwerk zu erlernen, und mein Bruder wählte das Schreinerhandwerk trotz der Entrüstung unsrer Erzieherin. Sie zeterte fortgesetzt gegen die Republikaner, berief sich auf ihren Adel zu einer Zeit, wo alle andern sich still verhielten, und rief bei jedem Anlass : „So etwas hätte man unter der alten Regierung nicht erlebt!"

Aber unsrer Eltern wegen gab sie denn doch   ire Einwilligung, dassmein Bruder alle Morgen bei dem Schreiner der Sektion Unterricht nahm, der ein hitziger Jakobiner war und sich rühmte, am 10. August den Hammer Ludwigs XVI. erbeutet zu haben, ihn auch als Trophäe sehen ließ. Er hatte seine beiden Schwestern zu sich genommen, Nonnen, die sich eines ebenso sanften Wandels befleißigten, als er tobte. Meinen ruder behandelte er gleichwohl stets mit viler Zuvorkommenheit, und seine Schwestern steckten Eugen insgeheim kleine Marien- und Heiligenbilder zu, die er mir in ihrem Namen, als Belohnung für seine Arbeit, freudestrahlend mitzubringen pflegte.

Seit wir uns von der Prinzessin Hohenzollern verabschiedet hatten, brachten wir die Sonntage regelmäfig bei ihr zu. Ihr Bruder war gleichzeitig mit unsrem Vater verhaftet worden.

Sie wollte uns daher noch viel öfter bei sich haben, um sich die Qual der Einsamkeit und den Kummer dadurch zu lindern, daß sie uns die Liebe zuwandte, die sie für uns empfand. So hatten wir in unsrer Verlassenheit wenigstens an ihr eine Stütze gefunden.

Um jene Zeit wurde in Paris ein großes vaterländisches Bankett befohlen. Es hatte nämlich vor jedem Haus an diesem feierlichen Tage ein einzelner gedeckter Tisch auf der Straße zu stehen, und Herren wie Dienerschaft, Frauen, Männer und Kinder, muften zusammen speisen, woferne sie sich nicht der Verhaftung aussetzen wollten. Sich diesem Befehle zu widersetzen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Durch Dekret warnämlich angeordnet, dass an der Haustür die Namen aller Hausbewohner one Unterschied des Standes auf einer Tafel anzubringen seen. Das große Familienhaus, in dem wir wohnten, war nahezu menschenleer; denn meine Mutter war im Gefängnis; so auch eine ganze amerikanische Familie, die mit ihr befreundet war und im selben Haus wohnte. Unser Hausmeister, das Zimmermädchen, der Türhüter und seine Frau, meine Erzieherin, mein Bruder und ich stellten also bei diesem Bankett die einzigen Inwohner dar. Meine Erzicherin, Fräulein von Lannoy, die von den flandrischen Lannoys abzustammen behauptete, erboste sich darüber, das sie sich mit dem Gesinde und Türhüter an denselben Tisch setzen sollte. Sie, die im Kloster von Saint-Cloud erzogen worden war und die Königin zu zwei verschiedenen Malen hatte vorübergehen sehen, konnte eine solche Vermengung der gesellschaftlichen Rangstufen einfach nicht fassen. Noch oft sagte sie uns zum soundsovielten Male, daß man unter der alten Regierung dergleichen nicht für möglich gehalten hätte. Für uns aber war es ein Fest, und da wir richtige Schulkinder waren, freuten wir uns königlich darüber, das der Dünkel unsrer Erzieherin einen kleinen Dämpfer erhalten hatte. Auch fühlten wir trotz unsrer jungen Jahre, das uns ire lächerlichen Anmakungen schaden konnten; auch den Eltern, die im Gefängnis safen.

Unser Tisch stand also vor der Haustüre, und wir waren eben im Begriff, uns zu setzen, als wir hörten, wie wir mit der so gefürchteten Bezeichnung Aristokraten von Vorübergehenden angeredet wurden, die behaupteten, wir machten die Sache nicht, wie sich's gehörte und uns bedeuteten, wir hätten uns mitten auf der Straße aufzureihen, was wir auch schleunigst taten.

Es war schönes Wetter. Die vielen Lichter, die man auf den Tischen aufgestellt hatte, die Leute der ganzen Stadt, die auf den Straßen zusammengeströmt warn, von denen die einen speisten, während die anderen neugierig auf und ab gingen, warn von unerhörter Wirkung. Um diese noch zu verstärken, hätte es noch einer Beleuchtung der Häuser bedurft; denn im Viertel der Familienhäuser warn die Strafen zu dunkel.

Nach unsrem Abendessen baten wir Fräulein Lannoy, uns doch in einige bevölkertere und lustigere Stadiviertel zu führen, als unsres war. In den Strafen mit Verkaufläden reihten sich die Tische ohne Unterbrechung aneinander. Einige warn mit Laubdächern verziert, und dies ales zusammen brachte eine sehr hübsche Wirkung hervor. Aber der ungezwungene Frohsinn blieb bei diesem Feste aus. Auf allen Gesichtern trat die