This abridged version of Hortense’s memoirs begins with the story of how Hortense’s parents married in Paris. It describes how Hortense went with her mother to Martinique and then she and her mother returned to a Paris which had been brought into a condition of mass terrorism.
Teil selbst zu beseitigen verstand. Wufte sie doch, was die Welt von ihr sagte, und war sie doch mit den Vorwürfen, berechtigten wie unberechtigten, vertraut, die man gegen sie geltend machte. Oft wird man sie, zwischen den Zeilen, sewisse Unterstellungen mit Geringschätzung, nie aber mit unvornehmer Gebärde zurückweisen sehen.
Es obliegt dem bescheidenen Mitarbeiter, den Prinz Napoleon heranzuziehen die Güte hatte, seiner innigst gefühlten Dankesschuld dem Manne gegenüber Ausdruck zu verleihen, der einen so ruhmbeschwerten Namen mit soviel Würde und Edelsinn getragen hat. Bei der Durchsicht der Dokumente und der zuweilen schwierigen Bearbeitung de Anmerkungen haben
der unbeirrbar richtige Verstand des Prinzen, seine Geschäftskundigkeit, sein Gewissen und seine Rechtlichkeit, sein unvergleichliches Taktgefühl die stets richtig leitenden Zügel abgegeben, denen zu gehorchen es sein Wohlwollen angenehm und leicht machte.
Der Verfasser dieser Zeilen, der mit größtem Eifer eine Arbeit fortführte, die er mit Freuden begann, hat nach der schweren Prüfung des 3. Mai 1926 in der Person Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Prinzessin Napoleon eine nicht weniger wertvolle Hilfe und ebenso zuverlässige Leitung gefunden; da die Prinzessin an den Arbeiten ihres Gemahls stets den regsten Anteil nahm, hat sie ihm die Feder aus der Hand nehmen und vollenden können, was er begonnen hatte. Aber es würde ihr wohl nicht genehm sein, wenn ich ihrer Mitarbeit bei einem Werk, das einen der letzten Gedanken de jüngst verstorbenen grofen Franzosen darstellt, noch ausführlicher Erwähnung tun wollte.
Paris, 8. Februar 1927.
Jean Hanoteau.
ERSTES KAPITEL
Kindheit - Revolution - Der Terror (1783-1794) - Geburt der Königin Hortense. - Ihre früheste Kindheit. - Reise nach Martinique - Rückkehr nach Frankreich - Abbaye-aux-Bois - Der Terror - Joséphine und Beauharnais im Karmeliterkloster - Rue Saint-Dominique - Beauharnais' Tod.
Mein Leben ist so glänzend und zugleich so voll Ungemach gewesen, daß die Welt nicht daran vorübergehen konnte. Sie hat mich gelobt und getadelt, je nachdem, immer aber in über triebener Art und Weise; denn die Höhe meines Ranges hat es nur wenigen Menschen möglich gemacht, mir hinreichend nahezukommen, um mich richtig zu beurteilen.
Ich glaube weder ein allzu schmeichelhaftes Lob, noch auch eine allzu strenge Kritik verdient zu haben.
Immer hat mich das Herz auch bei den geringfügigsten Handlungen geleitet, und ich möchte fragen, ob sich das Herz irren kann, wenn es reinen Sinns ist. Die gröfte Begeisterung für alles Gute hat mich mitten in Ungerechtigkeit und Schicksalsschlägen aufrecht erhalten. Diese gehobene Empfindungsart hat mir zu jeder Zeit Kraft und Trost gegeben.
Ich hege den Wunsch, mich einigen hochgesinnten und empfänglichen Seelen, Freunden von mir, bekanntzumachen.
Ich gehe auf die kleinsten Einzelheiten meines Lebens ein und rufe ihnen dabei zu:
„So bin ich. Urteilt über mich. Bedauert mich, so bin ich leibhaftig. Liebt mich, schätzt mich, mein Herz verlangt darnach. Es wird das mein Dasein noch beglücken.“
Ich schreibe für Freunde, und nur für sie.
Mein Bruder kennt mich gut genug; was hätte ich denn auch für einen Gedanken gehegt, den ihm gegenseitiges Vertrauen und eine lebendige Zuneigung nicht anvertraut hätten? Meine Kinder? Von mir sollen sie die Kümmernisse nicht erfahren, die mir ihr Vater verursacht hat. Ich habe ihretwegen soviel gelitten, ich habe sie so lieb gehabt, das, wenn sie je davon hören, sie mich noch lieber haben müssen als bisher.
Was aber mich selbst betrifft, so wird es mich freilich Überwindung kosten, die schönsten Jahre meiner Jugendzeit, die ich habe durchweinen müssen, mir wieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Aber es wird mir vielleicht auch wider sanfte Empfindungen vermitteln, wen ich inmitten der Gefahren, denen ich zu entrinnen vermochte, das wenige Gute wieder vorfinde, das ich zu tun Gelegenheit fand.
Mein Grofvater, der Marquis von Beauharnais, war Generalgouverneur der „Inseln unter dem Winde“ genannten französischen Kolonien. Er ging in Martinique Familienverbindungen mit den Grafen Tascher de la Pagerie ein, die aus Blois stammten, auf den Inseln ansässig geworden warn und dort schöne Besitzungen hatten. Er hatte Fräulein von Chastullé geheiratet, eine reiche Erbin, die in San Domingo bedeutende Liegenschaften besaf. Dieser Ehe entsprossen zwei Söhne.
Mein Vater, der zweite, kam in Martinique, zur Welt und kehrte in ganz jungen Jahren nach Frankreich zurück, als mein Großvater zurückberufen wurde.
Etwa um dieselbe Zeit lie sich auch ein Fräulein Tascher, die an einen Herrn Renaudin verheiratet war, in Frankreich nieder. Um die zwischen den beiden Familien bestehenden Freundschaftsbande noch fester zu knüpfen, wurde beschlossen, meinen Vater mit einem Fräulein Tascher de la Pagerie zu verheiraten. Meine Mutter, die jüngste der drei Schwestern, kam nicht in Betracht, aber das Schiff, das den Heiratsantrag überbrachte, lief im Hafen ein, als eben die älteste verstarb.
In Frankreich hatte man sich für die zweite der Schwestern entschieden, als man aber erfuhr, daf sie seit dem Tode ihrer Schwester an einer unheilbaren Krankheit dahinsiechte, beschlof man, die Jüngste abreisen zu lassen. Ihr Vater brachte sie nach Frankreich, wo sie Vicomtesse von Beauharnais wurde. Sie war 15 Jahre alt und mein Vater 18, wie sie sich in Paris verheirateten. Mein ruder wurde 1781 geboren und ich 1783.
Meine Mutter nahm zwar eine glänzende Stellung ein, aber sie vergaf darüber weder ire Heimat, noch ihre Familie. Sie hatte eine bejahrte Mutter zurückgelassen, die sie noch einmal zu sehen wünschte. Vielleicht empfand sie auch das Bedürfnis, sich eines schwer zu überwindenden, wenn auch natürlichen Gefühls zu entschlagen; mein Vater nämlich, der eine vortreffliche äufere Erscheinung besaf und über einen bemerkenswerten Geist und vile Talente verfügte, war in den vornehmsten Kreisen der Stadt und des Hofs eine begehrte Persönlichkeit. Seine Gattin, die infolge einer allzu ausgesprochenen Weichheit des Gemüts im Übermaße empfindlich gewesen sein mag, nahm sich dies zu Herzen, wurde sogar eifersüchtig und meinte in der Entfernung von Paris ein Heilmittel dagegen gefunden zu haben.
Meine Mutter und ich begaben uns allein auf die Reise. Ich war damals vier Jahre alt. Wir bestiegen in Le Havre das Schiff, wo ein plötzlich einsetzender Sturmwind uns beinahe im Hafen umkommen lie. Als wir in Martinique ankamen, wurden wir mit tausend Freuden seitens der Familie empfangen, die unsre Ankunft beglückte. Das ruhige Leben, das wir in der Folge bald auf dem einen, bald dem andern Gute führten, bekam meiner Mutter sicherlich gut, denn wir blieben mehr als drei Jahre lang Frankreich ferne.
Wir wohnten bei Ausbruch der Revolution im Gouvernementsgebäude. Eines Abends erhielt meine Mutter die Nachricht, daf am nächsten Morgen in der Frühe Port Royal beschossen werden würde. Sie brach unverzüglich auf und flüchtete auf eine Fregatte, deren Kapitän sie kannte. Während wir über eine der dortigen Savannen eilten, fiel eine Kanonenkugel in unster Nähe zur Erde. Schon am Morgen befahlen die Aufständischen, die sich der Stadt bemächtigt hatten, den französischen Schiffen die Rückkehr und bedrohten sie mit der ge samten Hafenartillerie. Die Besatzung erwiderte, sie wolle nach Frankreich zurück, und das Fahrzeug lief alsbald von der Küste ab. Die Drohung wurde ausgeführt. Es wurde mit Kanonen geschossen; doch keines der Geschosse traf. Das Schicksal war uns gnädig.
So hatten wir uns denn, ohne von irgend jemandem Abschied zu nehmen, eingeschifft und kehrten nach Frankreich zurück, ohne es eigentlich gewollt zu haben. Unsre Fregatte hief: „La Sensible“ und sollte nach Toulon fahren. Unsre Fahrt schien sich gut anzulassen; doch der Lotse brachte uns an der Strafe von Gibraltar auf den falschen Kurs nach Afrika. Wir gerieten an Land, und fünf Minuten später strandete das Schif. Da griffen Matrosen, Passagiere und Kinder mit vereinten Kräften zu, und wir entkamen auch dismal der Gefahr.
In Toulon angekommen erfuhr meine Mutter von den Ereignissen, die Frankreich in Verwirrung gestürzt hatten. Die Revolution war ausgebrochen, und mein Vater spielte bereits in der Partei, der er sich angeschlossen hatte, eine bedeutsame Rolle. Mein Großvater hatte sich nach Fontainebleau mit seiner alten Freundin, dem Fräulein Renaudin, Tante meiner Mutter, zurückgezogen. Wir begaben uns zunächst dorthin, und bald schloß sich uns auch mein Bruder an, der im Harcourt-Institut untergebracht war.
In Fontainebleau entstand nun jene Gefühlsgemeinschaft, der unser stetiges guts Einvernehmen in kindlichen Spielen wie in glücklichen und unglücklichen Zeiten zu verdanken war, und die es uns ermöglichte, die Ereignisse des Lebens gleichgestimmt zu erfassen und zu ertragen.
Wir ahnten nichts von den glänzenden, bewegten Geschicken, die uns bevorstanden, als wir uns nach einer Abwesenheit von einigen Jaren, beide noch im Kindesalter stehend, wiedersahen. Aber wir verstanden wohl, daf die Ereignisse sich berets gewaltig um uns türmten. Wir erzählten uns gegenseitig unsre Erlebnisse, ich meine Amerikareise, den Negeraufstand, unsre plötzliche Flucht, die bestandene Gefahr, als unser Schiff beschossen wurde und das nicht mindere Ungemach, das uns beinahe an der afrikanischen Küste zum Scheitern gebracht hätte.
Mein Bruder stand mir freilich einstweilen noch nach und ante nicht, daf ihn das Geschick noch in afrikanische Wüsten und die russischen Eisfelder schleppen sollte. Noch war er nur ein schlichter Studiosus, der mit seinem Hofmeister im Institut Harcourt lebte, und so konnte es ja nicht anders sein, als da meine Erlebnisse die seinen an Schicksalsgröße übertrafen.
Aber er erzählte mir mit der ganzen Wärme der ersten Großen Gemütserregung von der peinlichen Lage, in die er am „Bundesfesttage“ geraten war. Er und sein Hofmeister, der sein Festgewand als Abbé angelegt hatte, waren früh morgens nach dem Marsfeld aufgebrochen, um das Fest mit anzusehen.
Er war also mitten unter dem Volk der ganzen Stadt gewesen, das begeistert Erde herantrug, die Umfriedigung aufzuschichten, die heute noch zu sehen ist. Mein Bruder ging an der Seite des Abbé, der ihn an der Hand führte. Da ergreifen sechs Fischweiber den Hofmeister, ohne auf den neunjährigen Jungen Rücksicht zu nehmen, spannen ihn vor eine Karre, setzen sich hinein und lassen sich von ihm, unter Peitschenhieben, ziehen.
Mein Bruder ist wütend, da man ihm seinen Begleiter genommen hat und will ihn verteidigen. Er greift zum Regenschirm, der einzigen Waffe, die ihm zu Gebote steht, rennt hinter dem Karren her und schlägt aus Leibeskräften auf alle ein, die sich um das Fuhrwerk geschart haben und verlangt seinen Abbé mit großem Stimmaufwand heraus. Sein Mut verschaffte ihm wohl einen Beschützer, der mehr vermochte als er, und es gelang ihm zuletzt, den Abbé aus seinem lächerlichen Fuhrdienst zu befreien, wobei auf den möglichen Sturz der Damen der Karre wohl keine Rücksicht genommen wurde.
Ich war damals noch zu jung, um verstehen zu können, was sich zutrug; ich habe daher nur einiges Wenige, im Gedächtnis behalten. Als der König flüchtete und in Varennes ergriffen wurde, war mein Vater Präsident der Konstituante.
Seine -